Yoga und die Gurus... das Thema beschäftigt mich schon länger und ich war mir nicht ganz sicher, ob ich darüber schreiben sollte. Nun habe ich mich dafür entschieden. Ich möchte den Yoga-Übenden Mut machen, ihren eigenen, ganz persönlichen Weg in ihrer Praxis zu finden.
Meine eigene Yogapraxis begann vor fast 20 Jahren im Sivananda Yoga Zentrum in Hamburg. Nach der Probestunde blieb ich und besuchte einige Jahre lang Asanastunden und Kurse. Ich hatte Glück: meine Lehrerin war zwar in der Sivananda Tradition sehr verwurzelt, man spürte jedoch viel von ihrer Persönlichkeit und ihren eigenen Erfahrungen im Unterricht. Sie war diejenige, durch die ich mich inspiriert fühlte, selbst eine Yoga-Lehrer-Ausbildung zu machen.
Es läuft allerdings nicht in jedem Fall so. Im Laufe der Jahre habe ich auch andere Yoga-Lehrerinnen und Lehrer kennengelernt. Die einen spulten ihren Unterricht runter wie eine Platte, die man immer wieder auflegt. Die anderen hilten sich an dem starren dogmatischen Konstrukt ihrer Yogaschulen fest.
Ich kam weder mit den einen noch mit den anderen klar. Denn Yogapraxis war und ist für mich ein Weg der Auseinandersetzung mit sich selbst und die innere Befreiung von eingeprägten Mustern im Denken und Handeln. Es geht auch darum, die Wahrheit über sich selbst herauszufinden und nicht darum, dass mir jemand erzählt, wie es um mich steht. Woher soll "deser jemand" das überhaupt wissen?
In den letzten Monaten kamen viele Enthülungsgeschichten über die Gurus ans Tageslicht. Auch die Sivananda Schule ist nicht frei davon. Ich hoffe, dass diese Fälle der Misshandlungen gut aufgeklärt werden und die betroffenen Yoga Organisationen sich um die Opfer kümmern und sich ein Stück weit neu erfinden. Denn Guru ist nicht gleich Yoga.
Ein*e Yoga Lehrer*in ist für mich eine Person, die durch eigene Praxis und Auseinandersetzung mit der Yoga Philosophie eine Inspirationsquelle für die Schüler ist. Das ist eine Person, die Impulse zum Nachdenken gibt, eine andere Sichweise anbietet und doch freilassend bleibt. Menschen fangen aus unterschiedlichsten Gründen mit Yoga an: der eine hat Rückenschmerzen, die andere wurde von der Freundin mitgeschnackt, die dritte will meditieren lernen und die Ruhe finden. Und das ist die Kunst, all diesen Menschen gerecht zu werden, ihnen die Tür in die unendlich große und weise Welt des Yoga zu öffnen und dabei ergebnisoffen zu schauen, wer durch diese Tür durchgeht, wer an der Schwelle stehen bleibt und wer Jahre braucht, um sich dieser Tür nur anzunähren. Ein Guru - ein Lehrer - ist dabei derjenige, der begleitet, und nicht derjenige, der die Führung übernimmt. Denn die Menschen sind alle gleich und tragen einen göttlichen Funken in sich - manche haben es nur vergessen...