Durch unseren Lebenswandel und angenehme Lebensbedingungen haben wir uns ganz schön von der Natur entfernt. Dabei könnten wir so viel von ihr und ihren ständig wechselnden Kräften lernen!
Alleine wenn wir den Beginn, den Lauf und das Ende eines Tages betrachten, stellen wir fest, dass alles sehr gemächlich und sanft ineinander übergeht. Die Sonne geht langsam auf, absolviert ihren Himmelslauf und abends sinkt sie langsam wieder hinter den Horizont.
Und wie beginnen wir häufig unseren Tag? Der Wecker klingelt, wir springen hastig aus dem Bett, schnell ins Bad, Kaffee und los. Aus der ayurvedischen Sicht ist es ein enormer Stress für den Organismus, von "null auf hundert" zu starten, was nicht gerade unsere Widerstandskräfte aufbaut. Das Immunsystem wird geschwächt und - gerade im Winter - sind wir anfälliger für Infekte.
Der Winter ist eine Zeit, die vom Vata- und Kapha-Dosha dominiert wird. Die Vata-Zeit geht von Oktober bis Januar, die Kapha-Zeit ist von Februar bis in den Mai. Wobei es in unseren Breitengraden durch den Klimawandel zu Verschiebungen kommt. Vata-Dosha sorgt für kaltes und windiges Wetter. Wir entwickeln das Bedürfnis nach Wärme, bekommen trockene Haut, manche Menschen schlafen schlecht bei Wind und werden unruhig. Kapha-Dosha ist kalt und feucht - diese Qualitäten spiegeln sich in der Schneeschmelze und den im Februar zunehmenden Erkältungen und Grippe-Erkrankungen wider. Außer der Kälte sind wir im Winter auch mit der Dunkelheit konfrontiert - ein Faktor, der einen großen Einfluss auf unsere Psyche nimmt.
In dieser Jahreszeit ist es besonders wichtig, für die innere Wärme zu sorgen: warme Kleidung (auch wenn man "nur kurz zum Briefkasten" geht) und warme Malzeiten, die den Verdauungstrakt nicht überfordern, sind von großer Bedeutung. Ein geregelter Tagesablauf mit festen Schlafzeiten, viel Ruhe, die uns eine gute Planung schenkt, und Singletasking sorgen dafür, dass unser Stresslevel nicht übermäßig steigt. Nicht zu unterschätzen sind auch soziale Kontakte, Tageslicht und ausreichend Bewegung - aber das wissen wir eigentlich schon.
Was empfiehlt Ayurveda konkret?
Allgemeine Empfehlungen
- Schon nach dem Aufwachen für ein positives Mindset sorgen: was liegt heute an? Worauf freue ich mich? Welche Aufgabe ist mir lästig und wie kann ich sie gut über die Bühne bringen?
- Direkt nach dem Aufstehen ein Glas heißes Wasser trinken: auf den leeren Magen getrunken reinigt das heiße Wasser den Darm, die Nieren und die Blase.
- Um die reinigende Wirkung des heißen Wassers zu unterstützen, zwei-drei Runden Sonnengrüße machen. Dieser Allrounder dehnt alle großen Muskelgruppen, damit Du Dich geschmeidig durch den Alltag bewegen kannst und macht herrlich wach.
- Denke daran, dass dein Verdauungstrakt morgens (wie auch abends) nicht besonders auf der Höhe ist, und gestalte Deine Mahlzeiten entsprechend. Die Hauptmahlzeit sollte mittags (zwischen 12 und 14 Uhr) eingenommen werden, denn in diesem Zeitraum ist Agni (das Verdauungsfeuer) am stärksten.
- Sorge für einen guten Tagesausklang. Es ist eigentlich verständlich, dass der Körper nach einer Netflix-Serie nicht sofort in den Ruhemodus schalten kann. Am besten, Du beendest Deine Bildschirm-Zeit zwei Stunden vorm Schlafengehen und widmest Dich Tätigkeiten, die Deine Sinne beruhigen und Dir helfen, die Ereignisse des Tages zu ordnen und ggfls. zu verarbeiten.
Empfehlungen zur Stärkung des Immunsystems
- Ölmassagen - auch als eine Selbst-Massage Zuhause - sind nährend, substanzerhaltend und stressabbauend. Eine Kurzanleitung: erwärme das Öl (am besten gereiften Sesamöl) im Wasserbad. Beginne mit der Massage am Kopf. Massiere das Öl sanft in die Kopfhaut und Haare. Gehe weiter zum Gesicht und arbeite Dich bis zu den Füßen. Die Gelenke werden kreisend massiert, die langen Körperteile (Arme, Beine, Rücken) mit langen streichenden Bewegungen. Lasse das Öl ein bisschen einwirken und nimm ein heißes Bad oder eine heiße Dusche. (Tipp: die Haare zuerst trocken einseifen, auswaschen, danach noch mal "normal" waschen. So bekommst Du das Öl raus). Ruhe Dich danach 15-30 Minuten im warmen Bett aus. Oder Du lässt Dich bei einer Abhyanga Massage verwöhnen...
- Ölziehen (gandusha) ist ein sehr effektives Mittel, um Toxine aus dem Körper auszuleiten und das Immunsystem zu kräftigen. Eine Kurzanleitung: 1-2 Esslöffel Öl (gereiftes Sesamöl, spezielles Gandusha-Öl oder einfach Olivenöl) in den Mund nehmen und kräftig durch die Zähne ziehen - dabei nicht schlucken! Fünf bis zehn Minuten fortfahren, das Öl ausspucken und den Mund mit warmem Wasser ausspülen. Das "i-Tüpfelchen": die Zunge mit dem Zungenschaber reinigen.
- Für die extra Portion Vitamine kannst Du täglich etwas Chywanprash (1-2 Teelöffel) zu Dir nehmen. Das ist ein ayurvedisches Fruchtmus aus Ghee, Almafrucht, Zucker, Honig und Kräutern. Die Rezeptur von Chywanprash ist sehr alt - man spricht von ca. 3.000 bis 5.000 Jahren. In Ayurveda zählt Chywanprash zu den Rasayanas, die das Gewebe kräftigen. Laut Legende sollte die Almafrucht (eine indische Stachelbeere) einem alten König solche körperlichen und geistigen Kräfte geschenkt haben, dass er eine junge Frau heiraten und glücklich machen konnte.
- Gewürze, die uns im Winter wärmen und fit halten sind: Ingwer, Pippali, Kurkuma in Kombination mit schwarzem Pfeffer. Auch Zimt ist wärmend und Kardamom, der das Immunsystem stärkt und stimmungsaufhellend wirkt, was in der dunklen Jahreszeit nicht zu unterschätzen ist.
Komm gut durch den Winter und bleib gesund!