Wut gehört zu den Grundemotionen des Menschen, wird jedoch in unserer Gesellschaft oft mit aggressiven Verhalten verwechselt. In der Tat ist der Grad zu Aggression schmal und entsteht häufig durch eine Unterdrückung dieser kraftvollen Emotion. Das ist ein Verhalten, das uns durchaus von klein auf an prägt. Dabei liegt in der Wut so viel Potential, das wir für uns nutzen könnten.
Was passiert bei einem Wutausbruch?
Zusammengezogene Augenbrauen, geweitete Pupillen, schnelles Atmen... Wer kennt so eine Wut-Erscheinung nicht? Angriff ist die beste Verteidigung: einem wütenden Menschen stehen alle Ressourcen zur Verfügung. Der Körper ist in Alarmbereitschaft, Adrenalin und Noradrenalin werden ausgeschüttet, der Blutdruck steigt, der Puls schießt in die Höhe. Und das alles - innerhalb von wenigen Sekunden. Denn wenn unser Nervensystem eine Situation als gefährlich einstuft, wird alles mobilisiert, um wieder in einen sicheren Hafen zu gelangen. Und dabei macht das Nervensystem keinen Unterschied zwischen einem Säbelzahntiger und einem Gegenüber, der uns vielleicht nur verbal angreift.
Was löst die Wut aus?
Oft werden wir wütend, weil wir einfach Hunger haben. In dem Fall ist es relativ einfach, Abhilfe zu schaffen.
Schwieriger ist es, wenn unsere persönlichen Grenzen verletzt werden - durch Kränkung, Ablehnung, Hilflosigkeit und das Gefühl, ausgeliefert zu sein. Eine Grenzüberschreitung ist natürlich eine subjektive Angelegenheit und die Art und Weise, diese Grenze anderen zu zeigen, ebenfalls.
Es gibt Menschen, die behaupten, nicht in der Lage zu sein, Wut zu empfinden. Wie können sie ihre Kränkung für andere sichtbar machen? Welche Wege können sie gehen, um ihre persönlichen Grenzen zu wahren und sich vor Übergrifflichkeiten der Außenwelt zu schützen? Wohin kann die entstandene Emotion gehen, wenn sie keinen Weg nach außen findet?
Es muss kein cholerischer Wutanfall sein, um Alarm zu schlagen - auch wenn es mal ganz gesund ist, den Dampf abzulassen. Doch eine nicht ausgelebte Wut fließt nach innen und erzeugt einen immer größeren Druck im inneren. Damit schaden wir uns selbst. Was uns auf jeden Fall helfen kann, ist darüber nachzudenken, wie wir die Energie, die durch Wut entsteht, für unser inneres Wachstum nutzen können.
Warum ist Wut ein Geschenk?
Ich betrachte Wut als Geschenk, weil sie mir geholfen hat, meine eigenen Bedürfnisse zu erkennen und für sie einzustehen. Kein anderer Mensch kann wissen, wie es mir gerade geht und was ich brauche. Ein entschiedenes NEIN als Abgrenzung - ganz unabhängig davon, ob es sich um andere Menschen, Worte oder Ereignisse handelt, ist ein JA zu mir selbst, meiner Persönlichkeit und meinen Bedürfnissen. Und das kann ich inzwischen lautstark verkünden, ohne gleich wütend zu werden.