Loslassen ist in aller Munde. Dieses Wort wird so oft benutzt wie Achtsamkeit. Und wenn Worte zu Floskeln werden, verlieren sie ihre Kraft und ihren Ausdruck.
Da der Prozess des Loslassens ein ganz wichtiger ist, habe ich mir dafür ein neues Wort gesucht: gehen lassen - LET IT GO - eben. Ich mag gerne englische Begriffe, weil sie den Gedanken oft auf den Punkt bringen.
Jetzt gerade müssen wir einiges ziehen lassen: den Sommer und die Wärme, die Reisepläne und die Freizeitveranstaltung, die früher eine Selbstverständigkeit waren. Doch das sind eher äußere Lebensumstände, über die ich gar nicht schreiben wollte. Ich möchte über das innere "Gehen-Lassen" schreiben, das jede*r für sich aktiv steuern kann.
In der Mitte des Lebens angekommen, stelle ich fest, dass ich eine ganz schön schwere Tasche zu tragen habe. Das sind Prägungen aus der Erziehung, das sind Lebenserfahrungen, das sind Höhen und Tiefen, das sind phasenweise Selbstzweifel und der Druck, weiter zu kommen, den ich mir natürlich selbst mache. Wenn ich mich umhöre, stelle ich fest, dass es nicht nur mir so ergeht.
Was nun? Weiter machen, wie bisher? Definitiv nicht!
Natürlich sind persönliche Krisen anstrengend und doch unabdingbar: sie bringen den Menschen weiter. Was hier jedoch aus yogischer Sicht wichtig ist - ist der Abstand zum eigenen Tun. Gute und schwierige Phasen gehören zum Leben, und die eine Phase ist nicht unbedingt besser als die andere. Genau das erfahren wir beim Yoga Nidra: die Gegensätze gab es schon immer, ganz gleich, ob es einem gefällt oder nicht. Die Frage ist viel mehr: wie gehe ich damit um?
Wenn ich an das Leben denke, stelle ich mir einen großen See vor. Mal ist es eine spiegelglatte Oberfläche, mal kräuselt sich das Wasser und es sind Schaumkronen zu sehen. Doch es ist immer noch der gleiche See - der See meines Lebens, in dem ich schwimme, tief nach unten tauche, um wieder auf die Oberfläche zu kommen. Und ich weiß, dass wenn ich gegen das Wasser kämpfe, werden mir irgendwann die Kräfte ausgehen und ich ertrinke. Nutze ich die Bewegung des Wassers für mich, wird es mich tragen. Also öffne ich mich meinem Leben, tauche in meinen See hinein und vertraue darauf, dass ich immer genug Luft zum Atmen haben werde.
Liebe Anna,
leider kann ich aufgrund der räumlichen Entfernung nicht mehr an deinen wunderbaren Yogastunden teilnehmen. Ich freue mich aber jedes Mal über deinen Monatsimpuls und heute besonders über dein Bild vom “See meines Lebens”, dem ich mich anvertrauen darf. Vielen Dank dafür.
Liebe Anna,
Das hast Du seeehr schön geschrieben. ?
Liebe Anna,
ich glaube Du sprichst vielen aus der Seele – ein schöner Gedankenanstoss – vielen Dank!